Auf zehn Hektar Fläche an der B466 gegenüber dem Kernort Kammerstein hat die „BayWa r.e.“ Anfang Juni den dritten Solarpark auf dem Gebiet der Gemeinde offiziell in Betrieb genommen.
Es ist die bislang größte PV-Freiflächenanlage im nördlichen Landkreis Roth. Ans Netz gegangen ist die Anlage bereits Mitte Mai.
Dabei betonten BayWa-Projektleiter Marc Krezer und Bürgermeister Wolfram Göll, dass die Gemeinde Kammerstein ihre Produktion von Energie aus erneuerbaren Quellen damit entscheidend vergrößert. „Auf mehr 22 Hektar wird nun der Strom für mindestens 5000 Haushalte erzeugt. Dabei hat die Gemeinde Kammerstein selbst lediglich 1300 Haushalte“, rechnete Göll vor.
„Wir verstehen uns als Energiegemeinde,“ so Bürgermeister Göll, „die ihrem landesplanerischen Auftrag zur Überproduktion und zum Export von Strom nachkommt“. Auf dem engen Gebiet der Städte könnten in der Regel keine großen Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie entstehen: „Niemand wird einen Freiflächen-PV-Anlage auf dem Schwabacher Marktplatz fordern oder ein Windrad auf der Nürnberger Burg.“
Die Anlage hat eine Gesamtleistung von 9,9 Megawatt Peak und erzeugt jährlich im Schnitt 10,5 Millionen Kilowatt Strom. „Allein damit kann der Jahresverbrauch von etwa 2900 durchschnittlichen Haushalten in Deutschland gedeckt werden“, so Marc Krezer. Um es in Relation zu setzen: In Schwabach werden pro Jahr etwa 150 Millionen Kilowattstunden Strom verbraucht, im Landkreis Roth ungefähr 480 Millionen. Mithin erzeugt die Kammersteiner Anlage rechnerisch ein Fünfzehntel des gesamten Stromverbrauchs der kreisfreien Stadt Schwabach.
In Schwabach wird der Strom aus der Kammersteiner Anlage mit einem fünf Kilometer langen Kabel auch eingespeist, in das Netz der Stadtwerke, was zunächst auf allen Seiten Irritationen hervorrief. Allerdings sah sich der Kammersteiner Stromnetzpartner N-Ergie nicht in der Lage, mit vertretbvarem Aufwand einen stabilen Einspeisepunkt für eine PV-Anlage dieser Größenordnung zu errichten. Immerhin kann die Spannung und die Leistung einer PV-Anlage stark und jäh schwanken – eine Wolke genügt. Laut EEG muss bei der Wahl des Einspeisepunkts die volkswirtschaftlich günstigste Lösung gewählt werden.
„Wir sind in Gesprächen mit der N-Ergie wegen eines Einspeisepunkts“, so Bürgermeister Göll. „Denn die Energiegemeinde Kammerstein möchte auch künftig die Erzeugung erneuerbarer Energie fördern, in welcher Form auch immer. Und da ist es natürlich nicht sinnvoll, für jedes Projekt fünf, acht oder zehn Kilometer Kabel verlegen zu müssen.“
Ausdrücklich lobte Marc Krezer die schnelle Umsetzung des Projekts in Zusammenarbeit mit der Gemeinde und dem Landratsamt. Von der ersten Kontaktaufnahme des Flächen-Eigentümers im Oktober 2019 über den Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplans im Gemeinderat im Mai 2020 bis zur Inbetriebnahme Mitte Mai sind zweieinhalb Jahre vergangen. „Ungewöhnlich rasch für die komplizierten deutschen Verhältnisse, und auch ungewöhnlich professionell umgesetzt und rasch gebaut“, lobte Bürgermeister Göll.
Und das, obwohl wegen der Nähe zur Bundesstraße ein Blendgutachten erstellt und aufgrund eines Flugzeugabsturzes am Ende des Zweiten Weltkriegs sogar eine Kampfmittelräumung erfolgen musste. Auch die „lange Leitung“ über den Kreisverkehr und Haag bis nach Schwabach musste ja erst einmal verlegt werden. „Andernorts kann ein solches Verfahren auch ohne diese Erschwernisse schon mal fünf Jahre dauern“, sagte Krezer.
Voraussetzung dafür, dass landwirtschaftliche Fläche so verwendet werden darf, ist, dass es sich um benachteiligten Boden handelt. „Außerdem wird die Anlage nach 30 Jahren abgebaut, die Fläche kann dann wieder landwirtschaftlich genutzt werden“, erklärte der Projektleiter. Eigentümer der Fläche ist der Kammersteiner Landwirt Harald Peipp.
Marc Krezer hob auch die Umweltaspekte des Vorhabens hervor. Die Zäune sind offen für Kleintiere, Hecken und Randeingrünung werden ökologischen Ausgleich innerhalb des Gebiets der Anlage bieten. Auf der Fläche ist im Rahmen der Voruntersuchungen nämlich Lebensraum für die geschützte Feldlerche festgestellt worden. Deshalb musste eine Ausgleichsfläche geschaffen werden. Werner Kübler aus Rudelsdorf hat sie zur Verfügung gestellt. Für die Bepflanzung der Fläche und die Einfassung der Anlage mit Pflanzen ist der Architekt Jörg Ermisch verantwortlich. Ermisch war es auch, der das ganze Bebauungsplanverfahren planerisch maßgeblich begleitet hat.
Mitfinanziert hat die Anlage die Umweltbank Nürnberg. Als Vertreterinnen des Geldhauses überreichten die Kreditberaterinnen Julia Wittmann und Claudia Swirplies ein großes Insektenhotel. „Das werden wir sofort hier anbringen“, versprach Marc Krezer.
Robert Schmitt (ST) / wog